Samita ASBL

Hört bitte auf!

(Von Ayya Vimala; deutsch von Anagarika Sabbamitta)

Originalartikel

Als Nonne bist du nicht nur Pionierin und hast sowohl auf spiritueller als auch auf materieller Ebene viel weniger Unterstützung als Mönche und hast oft keinen Ort, wo du bleiben kannst. Aus Furcht vor ihren eigenen Unreinheiten tun viele Mönche so, als würdest du nicht existieren, oder sie behandeln dich wie eine Art ansteckende Krankheit. Du bist von deinen männlichen Freunden abgeschnitten, da du das falsche Geschlecht hast. Aus Angst, selbst nicht akzeptiert zu werden, kritisieren Nonnen andere Nonnen, weil diese den Vinaya nicht auf die Art einhalten, wie erstere es für richtig halten. Und Laienpraktizierende haben oft alle möglichen vorgefassten Meinungen darüber, wie eine Nonne sein sollte, fast wie ein Bild totaler Perfektion, stets lächelnd und glücklich. Aber in Wahrheit sind wir einfach nur Menschen, und ja, manchmal bin ich auch deprimiert. Ich lächele nicht immer und bin nicht immer glücklich. Bin ich deshalb eine schlechte Nonne? Oder bin ich ein Mensch?

Manchmal beneide ich jene Mönche, die in einem Kloster mit einem inspirierenden Lehrer zusammenleben können, von dem sie den lebendigen Dhamma lernen. Ich hatte nie eine solche Gelegenheit. Die meisten anderen Nonnen hatten das ebenfalls nicht. Unser Lehrer ist das Internet. Wir müssen unseren Weg selbst finden. Und ja, es kann manchmal sehr einsam sein. Selbst wenn du das Glück hast, einige Monate bei einem inspirierenden Mönch leben zu können, wirst du niemals in die Gemeinschaft eingeschlossen, du wirst immer auf Abstand gehalten; stets gibt es diese Spannung, weil man dich als Gefahr für das Mönchsleben ansieht. Es ist manchmal schwer, sich nicht in dieses Gefühl von Unterlegenheit hineinziehen zu lassen, dieses Gefühl, dass du einfach nicht gut genug bist.

Ich bewundere all jene Frauen, ob sie 8 oder 10 Regeln haben oder voll ordiniert sind, die Tag für Tag darum kämpfen müssen, in der Robe zu bleiben, die gegen die Depressionen und Rückschläge ankämpfen müssen, die keinen Ort zum Leben und keine Unterstützung haben, weil sie den ernsthaften Wunsch hegen, dem Dhamma zu folgen. Es steht mir nicht an, die Art, wie sie ihre Regeln einhalten, zu kritisieren. Viele müssen Geld benutzen oder selbst für sich kochen; es fehlt ihnen einfach die Unterstützung. Wenn ich sie dafür tadeln würde, würde ich nicht der Lehre des Buddha folgen. Stattdessen sollte ich auf ihr Verhalten schauen. Zeigen sie Mitgefühl und helfen sich gegenseitig? Bemühen sie sich, ihre Unvollkommenheiten zu überwinden, ihre Fehler wechselseitig zu vergeben und anzuerkennen, dass wir alle lernen wollen, uns weiterentwickeln wollen? Der Vinaya bietet Richtlinien für unsere Praxis, er ist nicht das höchste Maß aller Dinge. Wenn der Vinaya zum Anlass für Ärger, Groll und Tadelsucht wird, sind wir vom Weg abgekommen.

Können wir daher bitte aufhören, uns gegenseitig zu tadeln und zu kritisieren, und uns stattdessen bemühen, uns im Dhamma zu entwickeln, und uns dabei gegenseitig unterstützen? Wenn jemand den heilsamen Wunsch hat, zu ordinieren, und wenn zumindest 10 – 20 Mönche und Nonnen zusammenkommen, um diese heilsame Absicht zu bestätigen, sollten wir dann versuchen, in all den Einzelheiten des Verfahrens Fehler aufzuspüren und diese Person beschuldigen, sie sei nicht ordnungsgemäß ordiniert? Sollten wir nicht lieber diese Kritiksucht beenden und uns gegenseitig helfen? Ist es nicht das, was der Buddha wollte? Ist das Klosterleben nicht auch so schwierig genug?

Der Sangha sollte eine Zuflucht sein, wir alle sollten uns gegenseitig helfen, unabhängig von unserem Geschlecht oder unserem Hintergrund, unabhängig von unserer Ordinationslinie, unabhängig davon, wie wir den Vinaya verstehen, oder ob wir überhaupt nicht ordiniert sind. Wir sollten aufhören, uns gegenseitig zu kritisieren und herabzusetzen, und uns stattdessen fragen, wie wir uns gegenseitig helfen können. Das Leben ist hart genug.


Fortsetzung:

Nur ein weiterer Backstein in der Mauer

Mein anderer Thread (auf Englisch) hat sich offenbar zum Thema materielle Unterstützung für Nonnen hin entwickelt, und das ist natürlich großartig und sehr nötig und schätzenswert. Daher möchte ich hier etwas mehr auf einen anderen Aspekt eingehen, den ich dort schon angeschnitten habe und der etwas ist, das ich erst kürzlich begonnen habe, in seinem vollen Umfang zu begreifen.

Vor einigen Jahren ist mir das nicht aufgefallen, oder ich wollte es nicht sehen, obwohl ich andere Nonnen darüber sprechen hörte. Ich dachte, das liege nur an ihnen. Zuerst habe ich es mir selbst als Aufgabe gestellt, ich dachte, es gehöre zum Pfad dazu, das sei eben, wie die Dinge sind, und ich müsse dem einfach mit Gleichmut begegnen. Aber jetzt ergreift es schleichend immer mehr Besitz von mir, und ich habe begonnen, die ungesunden Auswirkungen in meinem eigenen Geist zu sehen.

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Es sind einfach diese unbedeutenden kleinen Signale, über die du, wenn sie ein oder zweimal passieren, nicht weiter nachdenkst. Etwa ein Mönch, der dich ignoriert oder der anfängt, nervös zu werden, wenn er sich unbeabsichtigt in deiner Gegenwart wiederfindet. Oder ein Mönch, der nicht in deiner Nähe sitzen möchte, oder wenn du siehst, dass rangältere Nonnen auf Pindapat stets hinter den jüngeren Mönchen gehen müssen, falls ihnen überhaupt erlaubt wird, mitzugehen. Oder wenn du auf einem niedrigeren Sitz sitzen musst als rangniedrigere Mönche. Oder wenn du versehentlich die Schachtel mit den Teebeuteln berührst, und sie muss danach für die Mönche neu offeriert werden. Es gibt so viele dieser kleinen Signale, zu viele, um sie alle hier aufzuzählen, die einfach sagen: du bist anders, du bist minderwertig. Die Laienpraktizierenden greifen diese Dinge auf und beginnen sich dir gegenüber ebenso zu verhalten.

Selbst die Mönche, die das sehen, setzen sich dem Druck ihrer gleich- und höherrangigen Mitmönche aus. Ein Freund sagt mir, er könne nicht mit mir reden, weil ich eine Frau bin und die höherrangigen Mönche damit nicht einverstanden wären oder die Laien sich aufregen würden. Ein anderer sagt mir, ich solle mit den Nonnen reden. Aber unter Nonnen können wir uns alle immer nur das Gleiche sagen. Wir können versuchen, uns gegenseitig zu unterstützen, und uns sagen: „Es liegt nicht an dir!“, aber solange wir über diese Dinge keinen offenen und ehrlichen Dialog mit den Mönchen haben können, wird sich nichts ändern; sie werden uns nie verstehen. So wie auch ich das alles nicht begreifen konnte, bis es mir selbst widerfahren ist. Sie aber bleiben sicher hinter ihren behaglichen Wänden, die sich sich errichtet haben; für sie ist alles gut, weshalb sich die Mühe geben, zu verstehen?

Ich schaue in meinen eigenen Geist und finde es zunehmend schwerer, dagegen anzukämpfen. Wie ein unerbittliches Virus, das sich immer wieder einschleicht und mir zuraunt: „Du bist nicht wie sie!“. Ich kann so gut verstehen, warum so viele Nonnen die Robe ablegen. Es liegt nicht nur an der materiellen Unterstützung; das macht nur einen Teil des Ganzen aus und ist lediglich ein weiterer unbewusster Auslöser, der sagt: „Du verdienst nicht die gleiche Unterstützung wie Mönche“. Es ist ein sehr langsames und allmähliches Unterhöhlen der Psyche, eine fast unmerkliche Kraft, die an dir nagt, bis du nicht mehr weitermachen kannst.

Alles in allem ist es nur ein weiterer Backstein in der Mauer.

(Lesen Sie den Originalartikel—auf Englisch— hier)


Aus der Diskussion im ursprünglichen Thread (von Ayya Vimala):

Es geht hier nicht um mich. Es geht um die institutionalisierte Diskriminierung, die den Bhikkhuni-Sasana unterhöhlt. Es geht um genau die gleiche institutionalisierte Diskriminierung, die überhaupt dazu geführt hat, dass die Bhikkhuni-Linie ausgestorben ist.

Davon, dass es „Teil der buddhistischen Kultur“ ist, wird es nicht richtig, noch wird es zu dem, „was der Buddha lehrte“, oder Teil der frühen buddhistischen Texte. Wo im Vinaya steht geschrieben, dass Nonnen auf Pindapata hinter den Samaneras gehen müssen?

Ich würde auch lieber hinter meinem Computer sitzen und ein ruhiges Leben führen und nur kodieren und meditieren und all das hier vergessen. Aber wie könnte ich nicht den Mund aufmachen, wenn 3 Nonnen, die ich kenne, alleine im letzten Monat aufgrund dieser Dinge die Robe abgelegt haben, und andere Freundinnen deprimiert und sogar traumatisiert sind?

Heute habe ich zum ersten Mal von einem Sri Lankischen Kloster in Illinois gehört, in dem Nonnen gebeten werden, mit den Mönchen in der Reihenfolge des Ordinationsdatums auf Pindapata zu gehen, nicht nach dem Geschlecht. Anders als auf diesem Forum allgemein geglaubt wird, ist das meines Wissens das einzige Kloster, in dem das so ist; das einzige andere hat damit aufgehört, nachdem sein Abt vor 6 Jahren wegging.

Ich habe einen tiefen Respekt und tiefe Dankbarkeit gegenüber den Ajahns, die dazu beigetragen haben, dass die Nonnen volle Ordination erhalten können, und die ihnen helfen, Klöster zu bauen. Aber die zugrunde liegenden Probleme wurden noch nicht angegangen, und diese kulturell gewachsenen Muster sind heute immer noch lebendig, sogar in ihren Klöstern. Es genügt nicht, Nonnen einen eigenen Platz zu geben, und sie damit aus den Mönchsklöstern herauszuhalten. Dadurch schneidet man sie von jeglichem Training ab und hält die diskriminatorischen Muster weiterhin aufrecht, die kulturell gewachsen sind, aber nicht zum Vinaya gehören, und die letzten Endes niemandem helfen, nicht einmal den Mönchen.

Meiner Meinung nach brauchen wir einen aktiven Dialog zwischen Mönchen und Nonnen, um uns gegenseitig verstehen zu lernen, und um diese Muster, die für die buddhistische Praxis so schädlich sind, auszurotten.

Diese diskriminatorischen Praktiken haben ihre Wurzeln in der Furcht vor dem „Anderen“, der Furcht vor Verschiedenheit und Veränderung, und sie müssen ausgerottet werden, damit wir alle in der Lage sind, zu wachsen und uns zu entwickeln.

Furcht ist schließlich der Weg zur Dunklen Seite.

(Originalpost – auf Englisch)

4 Kommentare

  1. Si

    It brings to my mind the Upaddha Sutta (SN 45.2). May you find good friends along your path, may you be well, may you be happy.

    Sabbe satta bhavantu sukhitatta!

    Si (male but supportive of *anyone* going forth!)

  2. Ani pema

    I agree wholeheartedly with you. It’s painful when women treat each other with envy because they themselves ex are subjugated to monks. I see this in Thailand, as a western women. Nothing in my upbringing prepared me to. Be subjugated by monks,
    . I find the nuns in Taiwan to be mist welcoming. They are empowered confident. Well supported.

  3. Richard James Wilson

    Did Buddha belive or teach disenfranchising and discriminating against nuns, and knowingly isolate them from formal teaching and mentoring. Why has this obvious blemish been left to blister, cause disrobing and remain unresolved for so long without love and sincere compassion!

    1. Sabbamitta

      No, the Buddha did not teach that, this has come into the traditions only over time.

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